"Die verschwundenen und ermordeten Kinder - eine Staatsaffäre"

(Marc Verwilghen, 20 April 1999)

Von Françoise Van de Morteel(*)


Julie und Melissa wurden vor fünf Jahren in Grâce-Hollogne entführt.
Ein ganzes Jahr lang waren ihre Eltern die einzigen, die allein dafuer kaempften, ihre kleinen Töchter wiederzufinden, gegen völlige Gleichgültigkeit, wenn nicht sogar Feindseligkeit der Justiz.

Es ist schon vier Jahre her, dass die Leichen der beiden Maedchen im dem Garten von Marc Dutroux ausgegraben wurden.

Dank der Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses und des Einsatzes einiger Journalisten wissen die Eltern der Opfer und alle Belgier heute, dass schon am 7. Juli 1995, nur dreizehn Tage nach der Entführung, der Name eines gewissen Dutroux, der schon mehrfach wegen Vergewaltigung verurteilt worden war, als Hauptverdächtiger in einem Bericht genannt wurde, der im Besitz des Leiters der Ermittlungen bei der lokalen Polizeibehörde war.

Schon seit 1993 war die Polizei über Pläne von Dutroux, ein Versteck in seinem Keller einzurichten und Kinder zu entführen, informiert!

Aber wir wissen immer noch nicht, warum die kleinen Mädchen nicht gerettet worden sind, warum die Justiz Dutroux nicht davon abgehalten hat, sie umzubringen!

Wir wissen nicht warum die Justiz das Leben von Julie und Melissa geopfert hat, und auch das von An und Eefje, die Dutroux zwei Monate später entführt hat; warum sie Sabine und Laetitia hätte sterben lassen, und wie viele andere noch, wenn nicht ganz unvorhergesehen der Richter von Neufchâteau, einer kleinen Staatsanwaltschaft der ardenesischen Provinz, in die Ermittlungen eingegriffen hätte.

Liegt hier der Schlüssel zu dem Raetsel?: Ist die gute Arbeit von Bourlet (1) und Connerotte (2) bei den Ermittlungen über die in Bertrix verschwundene Laetitia das kleine Sandkorn, das den Justizapparat aus Blindheit, Korruption, Erpressung oder einfach Schlamperei, seit Jahren einen Komplizen der Kinderentführungen und der Pedophilenreseauxs in Belgien, zum Einrasten gebracht hat? Einen Justizapparat jedenfalls, der schnell wieder in Fahrt gekommen ist, als es darum ging, die Funktionsstörungen zu verschleiern und die erschreckenden Entdeckungen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu vertuschen.

In wenigen Wochen hat das Team von Bourlet und Connerotte die Leichen von Julie, Melissa, An, Eefje und Loubna entdeckt und dabei Sabine und Laetitia noch rechtzeitig retten können. In vier Jahren ist Langlois (3) dagegen nicht einen Schritt weiter gekommen: wir wissen immer noch nichts über die Entführung, die Einsperrung, die erlittenen Folterungen, die Umstände des Todes der Mädchen.
WER hat Julie und Melissa entführt?
Dutroux? Sein Komplize Weinstein, den er umgebracht hat? Jemand anderes? Mit welchem Fahrzeug? Wo genau?
Dutroux leugnet die Verantwortung fuer die Entführungen, die seine Ehefrau Michele Martin ihm zuschiebt.
Der Ermittlungsrichter Langlois hat es nicht für notwendig befunden, anderen Spuren nachzugehen. Warum? Erst auf Drängen der Eltern und auf Grund ihrer Ratschläge, und erst nach einer gerichtlichen Entscheidung hat eine Rekonstruktion der Ereignisse am 27. Juni 2000 stattgefunden.

Aber diese Rekonstruktion, so wie sie der Ermittlungsrichter dann organisierte, war nur eine schmerzliche, die Eltern verletzende Farce: von den 25 "Zeugen" hat der Richter nur drei vorgeladen! Von diesen dreien: die Mutter von Melissa, die aufgefordert wurde, den Weg wieder zu gehen, den sie auf der Suche nach den Kindern gegangen war; und die alte Dame, deren Zeugnis allzugut bekannt war. Carine Russo hat sich nicht ohne Grund geweigert, teilzunehmen.
- WO sind Julie und Melissa entführt worden?
- WOHIN hat man sie gebracht? WARUM ist man den Aussagen nicht nachgegangen, die bekundeten, dass die zwei Mädchen an einem fuer Sex-Orgien bekannten Ort in Charleroi gesehen worden waren?
-WARUM und FÜR WEN sind Julie und Melissa entführt worden? Welches war das Motiv?
Dutroux wird von den Psychiatern nicht zum Pedophilen erklärt. Er behauptet, Julie und Melissa entführt zu haben, um sie in seiner Familie grosszuziehen! Warum hätte er dann zwei Monate später An und Eefje entführt und darauf Sabine und dann Laetitia, wenn nicht, wie es seine Komplizen wiederholt von ihm gehoert haben, "weil man damit gutes Geld macht"?
Warum erklärt er seinem Komplizen Lelièvre, dass die Entführung von An und Eefje eine "Bestellung" war?
Und schliesslich: warum scheint der Ermittlungsrichter Langlois diese Behauptungen vollkommen ignorieren zu wollen, die immer wieder auf die Existenz eines Reseaus hinweisen?

WIE und WANN sind die Opfer von Dutroux gestorben?

Warum verwendet der Richter Langlois so viel Energie auf den Versuch, zu beweisen, dass Dutroux, Freund von Michel Nihoul, der als Veranstalter von Sexpartys allgemein bekannt ist und dessen Ex-Ehefrau und Komplizin ihn beschuldigt, im Mittelpunkt eines Handels in Porno- und Pedophilkassetten zu stehen, nichts als ein "isoliertes Raubtier" sei?
Er vermeidet es, die elementarsten Ermittlungen anzustellen, und behaupten im Nachhinein, dass "die Ermittlungen nichts haben beweisen können".
In der Affäre Julie und Melissa sind zahlreiche interessante Spuren überhaupt nicht erst genommen worden. Man hat ein Maximum an Mitteln eingesetzt, um Spuren zu verfolgen, die sehr unwahrscheinlich erschienen, während ernsteren Spuren nicht nachgegangen wurde:
die M. Ferret-Spur: bei diese Mann hatte man ein Fotoalbum gefunden mit Bildern von Kindern in einem Ferienlager, bei dem er als Wächter arbeitete, insbesondere mit Bildern von Julie und Melissa, sowie ein T-Shirt von Melissa. Dieser Mann kannte Dutroux.
Die Feront-Spur: ein glaubwürdiger Spitzel, der in anderen Fällen die Festnahme von Pedophilen ermöglicht hatte, hatte behauptet, einen Pedophilen getroffen zu haben, der ihm Bilder gezeigt hatte, auf denen er Melissa erkannt hatte; der Richter Doutrèwe, der für die Ermittlungen über das Verschwinden von Julie und Melissa zuständig war, hat sich ein Jahr lang geweigert, diese Spur ernstzunehmen. Erstaunlicher Weise schickt sie aber einen Beamten, um Feront zu vernehmen, als die Festnahme von Dutroux durch den Richter Connerotte bevorsteht!
Die Piro-Spur: dieser Besitzer von verschiedenen Bars, unter anderen auf der Strasse von Philippeville, der selben Strasse, in der Dutroux ein Haus besitzt, ruft am Tag nach der Entdeckung der Leichen der beiden Mädchen, bei den Lejeune an, um ihnen zu sagen, dass er wisse, was mit den Mädchen geschehen sei, und dass er ein Festessen organisieren wolle, bei dem er seine Enthüllung preisgeben werde; mehrere Dutzend Zeugen behaupten, dass er ihnen die selbe vertrauliche Mitteilung gemacht habe; kurze Zeit darauf, bevor er sein Festessen geben kann, wird er ermordet. Seine Ehefrau wird wegen Totschlags im Affekt verurteilt! Sie erklärt, die Ermordung ihres Ehemannes aus persönlichen Gründen veranlasst zu haben.
Die Tagliaferro-Spur: dieser Alteisenhändelr, Spezialist in der Beseitigung von verdächtigen Autos, von dem bewiesen ist, dass er eine grosse Zahl der Mitangeklagten Dutrouxs kannte, wird ebenfalls ermordet, kurz nachdem die Leichen der zwei kleinen Mädchen entdeckten worden sind; seine Frau behauptet, man habe ihn getötet, weil er über das Verschwinden der zwei Mädchen zu viel gewusst habe, und erklärt, sich jetzt selbst bedroht zu fühlen; man ignoriert sie und beschimpft sie als Hysterikerin; kurze Zeit darauf kommt sie um, bei einem Brand in ihrem Haus, dessen Ursachen sehr verdächtig erscheinen; man schliesst dennoch auf einen Selbstmord. Das Dossier Tagliaferro wird der Staatsanwaltschaft von Liège ueberwiesen.
Die Diakostavrianos-Spur: Komplize von Dutroux, mit dem er mehrere Reisen in die Slovakei unternimmt, um ein Prostitutions-Reseau aufzubauen (man hat bei Dutroux eine Kassette gefunden, auf der die Vergewaltigung einer jungen Slovakin zu sehen ist …). Das Auto "des Griechen" könnte zur Entführung von An und Eefje gedient haben. Dieser Mann erscheint schon im Zusammenhang der Entführung von Elisabeth Brichet in Namur von 1989. In der Dutroux-Affäre angeklagt, aber im Juli 1997 freigelassen, wird er beschuldigt, eine junge Geisteskranke vergewaltigt zu haben. Das in Namur bearbeitete Dossier ist nie mit dem Dutroux-Dossier verbunden worden.

Diese These des "isolierten Raubtiers", die auch die These des Verteidigers von Dutroux ist, und die sich der Richter öffentlich seit August 1998 zueigen gemacht hat (noch bevor er im Februar 1999 mit seinen Ermittlungen über Julie und Melissa beginnt…) bringt ihn zu den erstaunlichsten Verrenkungen bei seinen Ermittlungen:
er fordert verspätet ein Gutachen eines Ernährungswissenschaftlers an, um um jeden Preis die Aussage von Michèle Martin glaubwuerdig zu machen, dass zwei kleine, acht jährige Mädchen 106 Tage lang (vom 6. Dezember 1995 bis zum 26 März 1996, als Dutroux im Gefängnis sitzt) in einer drei Kubikmeter grossen, ungelüfteten Zelle ohne Licht überleben konnten, indem sie brav Rhohypnol-Tabletten schluckten und sich von Konserven ernährten, von denen man nicht einmal weiss, ob es sie gegeben hat. Dutroux erklärt, diese Konserven in die Zelle gebracht zu haben, in der die zwei Mädchen versteckt gewesen seien. Aber er ändert wiederholt seine Version über die Zahl dieser Konserven, von denen selbst die höchste Zahl, die er nennt, nicht ausgereicht haben würde, um das Überleben der eingeschlossenen Mädchen zu garantieren. Der Bericht des Ernährungswissenschaftlers macht über mehrere Seiten deutlich, warum es unmöglich erscheint, dass die Mädchen hätten überleben können, und kommt dann zuder Schlussfolgerung:
"möglich aber vollkommen unwahrscheinlich".
Welche dieser Schlussfolgerungen uebernimmt Langlois ?
"Es ist möglich".
Drei Experte hatten festgestellt, anhand unaussprechlicher Beschreibungen, dass die kleinen Mädchen massive sexuelle Misshandlungen erlitten hatten: diese drei Experten hatten Zugang zu den Leichen der Kinder. Drei Jahre später findet der Richter Langlois nichts besseres zu tun, als ein Gegen-Gutachten anzufordern, um sich zu vergewissern, dass die festgestellten Verletzungen auch wirklich auf Vergewaltigung zurückzuführen seien!!!
Der neue Gutachter erklaert, dass er, da er nur noch über Fotos und Videos verfügt, nicht mehr 100%ig feststellen koenne, dass die auf den Bildern erscheinenden sexuellen Verletzungen auf Vergewaltigung zurückzuführen seien!!! Vorhersehbare Schlussfolgerung von Langlois: man muss die Zweifel zu Gunsten von Dutroux bewerten.
Stillschweigende Schlussfolgerung: Dutroux habe die beiden kleinen Mädchen mehrere Monate lang eingesperrt, ohne sie zu berühren; oder, wie ein Journalist, der immer noch ernst genommen wird, zu sagen gewagt hat, sie väterlich zu erziehen und abzuwarten, bis sie aelter wären, bevor er sie anrührte. Dutroux, der mehrere Minderjährige vergewaltigt hatte, bevor er Julie und Melissa entführte.

Mehrere Personnen haben vor den Ermittlungsbeamten von Neufchâteau die alten Beziehungen zwischen Nihoul und Dutroux im Sexparty-Milieu bezeugt, die auf die 80er Jahre zurückgehen.
Dutroux war kein provinzieller Marginalisierter, wie er beschrieben worden ist. Er besuchte Schwimmbäder, Bars und Schlittschuhbahnen in Brüssel, wo er auch seine zukünftige Frau Michèle Martin traf. Seine Bankkonten zeigen Geldanweisungen, die nicht zu erklären sind, abgesehen davon , dass sie mit dem Datum der Entführung und des Todes von jungen Mädchen und Kindern übereinstimmen. Warum werden diese Informationen geheimgehalten? Warum werden die zahlreichen und ernsten Indizien fuer die Komplizität von Nihoul vom Richter Langlois nicht in Betracht gezogen? Vielleicht, um die Existenz einer sich um Nihoul und Dutroux gebildeten Bande von Kinderhaendlern zu leugnen?

Die Nihoul-Spur erscheint schon in einem Kinderhandel, noch bevor die Dutroux-Affäre platzt:
Ein Polizist von La Louvière, Christian Dubois, bekommt Ende 1995 zahlreiche und glaubwürdige Beschwerden von Kindern aber auch von Eltern und Lehrern darüber, dass Personen, jeweils in einem weissen Mercedes, Kindern auf ihrem Schulweg hinterherfahren oder sie fotografieren, in Mons, La Louvière, Charleroi, Couvin, Thuin, Chimay, Beaumont. Dubois ermittelt und erfährt, dass die weissen Mercedes einer Alteisenfirma namens ASCO gehören, die ihren Sitz seit 1994 in Onezies an der französischen Grenze hat.
Nun ist Asco von Bekannten Nihouls gegründet worden, von seiner Lebensgefährtin, und einem guten Freund, dem Besitzer des Dolo, eines Sexclubs. Nihoul selbst hat das Unternehmen verwaltet (die Firma arbeitet im Autohandel und in Ersatzteilen. Nihoul ist selbst seit 1989 im Gebrauchtwagengeschaeft).
Der Spitzel von Dubois behauptet, dass Asco ein Kinderhandel-Reseau deckt, das die Kinder eine Zeit lang in Belgien versteckt hält, bevor sie ins Ausland geschmuggelt werden.
Als Dubois diese Information an René Michaux weitergibt, den Verantwortlichen der katastrophalen Othello-Operation, bei der die Gendarmerie Dutroux hätte überwachen sollen, unternimmt dieser gar nichts, obwohl die Information von Dubois genau das bestätigt, was die Polizisten aus ganz anderer Quelle wissen: Dutroux habe ein Versteck bei sich gebaut, um dort entführte Kinder zu verbergen, die ins Ausland geschmuggelt werden sollen! Und Michaux denkt nicht daran, Dubois diese erstaunliche "Koinzidenz" mitzuteilen!
Die Redaktion von "Au nom de la loi" (4), die ihre ganze Energie darauf verwenden wird, die These von "Dutroux als isoliertem Raubtier" zu verteidigen und die X-Zeugen als Verrückte zu verleumden, bemüht sich, als Julie und Melissa schon verschwunden sind, zu beweisen, dass die Geschichte der weissen Mercedes in der Nähe der Schulen nur ein Gerücht sei.

Dutroux ist, am Tag vor der Entführung von Laetitia, am Tag der Entführung, und am Tag danach in ständiger telefonischer Verbindung mit Nihoul.
Verschiedene Zeugen haben Dutroux und Nihoul zusammen bei dem Schwimmbad, an dem Laetitia entführt wurde, am Tage davor gesehen. Unter den dies behauptenden Aussagen gibt es die sehr glaubwürdige einer flämischen Familie, die eine sehr genaue Beschreibung des Lieferwagens von Dutroux und des Kinderwagens von Michèle Martin macht.
Im Laufe ihres ersten Verhörs gestehen Dutroux, einer seiner Komplizen, Lelièvre, und selbst Annie Bouty (5) mindestes einmal, dass Nihoul der Chef der Bande sei. "Nihoul bringt mich um, wenn ich etwas sage", erklärt Lelièvre genauer; und während eines vierten Verhörs behauptet Bouty, dass Nihoul die Schlüsselfigur eines Reseaus sei, das mit Pedophil-Kassetten handelt; von da an wird sie nicht mehr verhört werden! Der verantwortliche Richter wird vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss erklären, dass er die Verhöre eingestellt habe, nachdem er Morddrohungen bekommen habe …
Gleich nach der Entführung von Laetitia gibt Nihoul Lelièvre ein Paket XTC-Tabletten (6) in einem Wert von 500.000 BF. Erklärung der beiden: es sei um die Zahlung der Reparaturkosten eines alten Autos von Nihoul gegangen, das nicht mehr als 50.000 BF wert war und im übrigen nie repariert wurde. Das hindert die Justiz aber nicht daran, die Akten auch in diesem Punkt zu trennen. Eine Justiz, die Lelièvre aufs Wort zu glauben scheint, als dieser behauptet, er habe vorgehabt, die Tabletten fuer 20BF das Stück zu verkaufen, obwohl der Markpreis um die 200FB liegt!
Laetitia hört, als sie bei Dutroux eingesperrt ist, wie dieser am Telefon mit einem gewissen "Jean-Michel" (Vorname von Nihoul) spricht.

Warum sollte Nihoul, der in Brüssel wohnt und sich seiner zahlreichen Verbindungen rühmt, sein Auto in Charleroi reparieren lassen?
Wann und wie hat er wirklich Dutroux kennen gelernt, für den er, wie er behauptet, einmal ein Haus begutachtet habe, in welchem Dutroux einen Sex-Club einrichten wollte? Ist es wirklich nur zufällig, zum erstenmal im Sommer 1995, nachdem Julie und Melissa entführt worden sind? Sie geben zu, sich sehr schnell wiedergesehen zu haben, um ihren Plan zu besprechen, ein Prostitutions-Reseau in der Slovakai aufzubauen (siehe das Buch von Nihoul S. 126, 127, 129)
Nihoul behauptet, dass Lelièvre, der ihm von dem Waffen- und Drogenhändler Caspar Flier vorgestellt worden ist, "alle 15 Tage bei ihm aufgetaucht sei" (S. 128), und dass "Annie Bouty Dutroux nicht habe ausstehen koennen" (S. 134). Und das, obwohl sie sich nur zufällig begegnet sind?
Nihoul ist in Verbindung mit Diakostavrianos, für den er "bei einem juge de paix ein gutes Wort einlegt" (S. 130).
Nihoul bringt Dutroux und Weinstein, im November 1995, zu Bouty, um sie zu fragen, ob sie ihnen einen falschen Pass besorgen koenne. Dies geschieht kurz vor der Ermordung Weinsteins durch Dutroux.
Nihoul, ein Spitzel des Polizisten Vanesse (von Connerotte angeklagt und in der Zwischenzeit verstorben) gibt diesem Anweisungen: die Agenten von Connerotte haben zwei Botschaften von Nihoul an den Polizisten gefunden: "Dutroux Lastwagen warten" - "Lelièvre nichts antun"!
Bieten diese nicht aufgeklärten Beziehungen zwischen Nihoul und Dutroux und seiner Entourage nicht Grund zu Ermittlungen, und wären sie nicht Grund für eine Verlängerung der Untersuchungshaft?

Nihoul ist eine Schlüsselfigur in den Aussagen der "X-Zeugen", den Opfern der pedosexuellen Kriminalität in Belgien:
Regina Louf (X1) beschreibt sehr genau die Wohnung von Annie Bouty, Lebensgefährtin von Nihoul in der Zeit, in der diese Zeugin behauptet, von Nihoul in dieser Wohnung vergewaltigt worden zu sein; sie kann die Adresse angeben.
Regina Louf bezeichnet einen Reitclub, in dem, ihrer Aussage nach, Sexpartys mit Minderjährigen organisiert wurden, an denen Nihoul teilnahm. Bei genauer Ermittlung erweist sich, dass Nihoul zu der Zeit der von Regina Louf erzählten Geschehnisse ein Pferd besass.
Die Aussagen anderer "X-Zeugen" bestätigen die Aussagen von Regina Louf: nicht nur kommen die selben Personen vor: Nihoul, Van der Elst, sondern auch die selben Beschreibungen von Tatorten und die selben Praktiken.
In der Ermittlung über den Mord in der Champignonnière (1984) gibt es zwei wichtige Spuren, die vom Ermittlungsrichter Van Espen nicht verfolgt werden. Diese beiden Spuren führen zu Nihoul:
Ein anonymer Telefonanruf raet den Ermittlern, einmal beim Dolo (7) vorbei zu schauen, wenn sie etwas mehr erfahren wollen über das, was in der Champignonnière passiert ist. Der Kommissar, der 1997 beauftragt wird, über das Dolo zu ermitteln, war allerdings selbst ein Kund des Sexclubs!

Eine Spur führt zu Radio Activité, einem Privatsender, fuer den Nihoul damals arbeitet.

Nihoul, der behauptet, nie eine Minderjährige berührt zu haben, hatte Beziehungen zu vielen Pedophilen, unter anderen in Brüssel zu Corvillain, dem eine Gesellschaft gehörte, die verdächtigt wird, einen Kinder- und Pedophilkassettenhandel zu decken. Er besucht ihn regelmässig, insbesondere nachdem er bei seiner Zahnärztin gewesen war, deren Kabinet sich im selben Gebäude befindet: diese Zahnärztin ist mitten in der Dutroux-Affäre, nach einem "Selbstmord" tot aufgefunden worden, kurz nachdem sie eklärt hatte, dass Nihoul Corvillain besucht habe, nachdem er bei ihr gewesen sei. Dazu muss noch gesagt werden, dass sie die Liebhaberin von X gewesen ist und auch die Freundin von Bouty, und dass sie um Millionen betrogen worden war.

Alle Teilnehmer an der Entführung von Julie und Melissa und ihre Komplizen, die im August 1996 vom Richter Connerotte festgenommen worden waren, sind heute wieder frei, mit der einzigen Ausnahme von Dutroux, seiner Frau Michèle Martin und Michel Lelièvre, der seine Teilnahme an der Entführung von An und Eefje zugegeben hat.
Der zu Berufsverbot verurteilte Rechtsanwalt Michel Van der Elst, der Nihoul für den Tag der Entführung von Laetitia sein Hauptalibi verschafft hatte, hat seit einigen Monaten seine Aussage zurückgenommen. Van der Elst hatte schon während der von der Haemers-Bande organisierten "Entführung" des christlich-sozialen Premierministers Van den Boeynants ein falsches Alibi geliefert und war im Gefängnis gelandet (Patrick Haemers sowie Nihoul erscheinen als Verdächtige in der "Tueries du Brabant"-Affäre.)
Warum erlässt der Richter Langlois keinen Haftbefehl gegen Nihoul, der für die Vorbereitung der Entführung von Laetitia jetzt kein Alibi mehr hat?
Michel Nihoul brüstet sich in den verschiedenen Fernsehsendungen und uebermittelt auf subtile Weise seine Nachrichten an all diejenigen, die er erpressen kann.

Warum hat die Generalstaatsanwaltschaft, gegen die Meinung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, die Zerstückelung des Dutroux-Dossiers beschlossen?
Die Abtrennung der mit der Entführung von Julie und Melissa "verbundenen" Dossiers gehört zu einer allgemein bekannten Strategie, um eine Affäre zu ersticken.
Das Dossier "Autohandel" von Marc Dutroux und seinen Komplizen (Weinstein, Nihoul usw.) müsste die Beziehungen aufklären, die Dutroux mit der Mafia von Charleroi verbindet und die Protektion oder das "Wohlwollen" einiger Polizisten und Richter, deren verdächtige Beziehungen zu kriminellen Organisationen der parlamentarische Untersuchungsausschuss ans Licht gebracht hatte. Dieses Dossier ist dem Richter Férard von Neufchâteau entzogen und nach Nivelles gebracht worden (zu überlasteten Richtern). Die Affäre des Lastwagendiebstahls in Grâce-Hollogne, der Gemeinde, in der auch die Familie Russo und Lejeune wohnhaft sind, und in die Dutroux und einige Polizisten und Ex-Polizisten verwickelt sind, ist nach Charleroi verwiesen worden! Im Rahmen dieser Lastwagendiebstahls-Affäre
Ist Dutroux ganz unabhängig in Charleroi für die Entführung von drei Personen im November 1995, verurteilt worden.
Das Dossier Tagliaferro wird nach Liège verwiesen.
Tatsächlich ermöglicht diese wohlwollende "Bereinigung des Verfahrens" durch die Generalstaatsanwaltschaft, so wie es der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses deutlich gemacht hat, einen wirklichen Prozess gegen die organisierte Kriminalität in Belgien zu vermeiden.
Die Zerstückelung der Dossiers beschwert auch die Eltern der Opfer, denen kein Zugang mehr zu den "verbundenen" Dossiers gewaehrleistet ist, und zwingt sie dazu, sich für jedes einzelne Dossier zum Nebenkläger zu bestellen!
Dabei muss hervorgehoben werden, dass in Belgien zwar der Angeklagte Zugang zu allen Akten hat, dass dies jedoch nicht der Fall ist für die Opfer, die jedesmal bei dem Ermittlungsrichter einen Antrag auf Akteneinsicht stellen müssen, und dass dieser ganz willkürlich entscheiden kann, zu welchem Dossier sie Zugang haben und aus welchem sie fotokopieren dürfen, und das zu einem unglaublichen Tarif von 70BF pro Seite.
So ist den Rechtsanwälten der Eltern von Julie und Melissa der Zugang zu dem Dossier des von Dutroux umgebrachten Weinstein vom Richter Langlois untersagt worden "im Namen der Achtung vor den Opfern und ihren Eltern"!

Warum hat die Justizbehörde plötzlich 1997 aufgehört, die Aussagen der "X-Zeugen" nachzuprüfen, als diese anfingen, Ergebnisse zu bringen über Vergewaltigungen, Folter, Tötung von Kindern und Babys, Produktion von Snuff-Movies, auf Sex-Partys, die in der belgischen "High-Society" organisiert wurden (an denen Nihoul teilnahm ..)?
Warum sind die Ermittlungsbeamten De Baets und Bille, die die Aussagen der Zeugen aufnahmen, plötzlich entfernt, degradiert und der Veruntreuungen beschuldigt worden, obwohl die zweijährigen Verfahren gegen sie keinerlei Beweise erbracht haben und eingestellt worden sind?
Warum wurden diese beiden Beamten nicht rehabilitiert?
Warum werden die Beamten, von denen man weiss, dass sie Fälschungen produziert haben, um de Baets und Bille zu schaden, nicht bestraft? (Ein Detail für den Staatsanwalt von Brüssel).
Warum unterbrechen drei Staatsanwaltschaften gleichzeitig die Ermittlungen, genau an dem Tag, an dem der Hauptangeklagte Tony zugibt, sexuelle Beziehungen mit Regina Louf gehabt zu haben, als sie erst 12 Jahre alt war (was dem Gesetz nach ein Verbrechen ist), und sie mit dem Einverständnis ihrer Eltern auch seinen Freunden "ausgeliehen" zu haben? (Am Tag des Geständnisses von Tony, am 23 April 1998, unternimmt Dutroux einen sehr verdächtigen Fluchtversuch, als sei er dazu ermuntert worden …).
Warum sind die Dossiers X, die De Baets und Bille entzogen worden und vom Richter Langlois anderen Beamten anvertraut worden sind, nicht, wie mehrfach versprochen, dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss rechtzeitig überantwortet worden?
Warum stehen die Ergebnisse der Bearbeitung dieser Dossiers X durch die neuen Beamten Jahre später immer noch nicht zu Verfügung?
Warum werden die Ermittlung über die so wichtigen Aussagen der "X-Zeugen" nicht wieder aufgenommen, wo doch kein Fehlverhalten von De Beats und seiner Mannschaft festgestellt worden ist und es dementsprechen Grund zu glauben gibt, dass ihr Zeugnis glaubwürdig ist, obwohl oder gerade deshalb, weil ihre Aussagen so erschreckend sind?

Wieso sind andere Ermittlungs-Teams plötzlich aufgelöst worden oder einige ihrer Mitglieder, die ihre Arbeit ernstnahmen, entfernt, eingeschüchtert oder in anderen Abteilungen "befördert" worden (z.B. Susys, der von der "Obelix"-Gruppe entfernt wird, die über Nihoul ermitteln soll)? Einige der Beamten sind ohne ersichtlichen Grund von der Ermittlung über Julie und Melissa ausgeschlossen worden; Gino Russo hat wiedeholt Fragen nach den geheimnisvollen Gründen gestellt, aber keine Antworten bekommen.

Wie erklärt sich das Verschwinden von Beweisstücken in den Dossiers? Das "Verlorengehen", die "Diebstähle"?
In der Ermittlung über die "X-Zeugen" hat ein Polizist eine bei einem wichtigen Verdächtigten beschlagnahmte Kassette verloren. In der Ermittlung über Regina Louf "vergisst" ein Agent ein Dossier auf der Hinterbank seines Auto, als er es kurz verlässt. Als er zurückkommt, ist es verschwunden. Der Polizist ist nicht bestraft worden.

Paul Marshall behauptet, dass einige Beweisstücke vom Dossier seiner Tochter Eefje verschwunden sind.

Warum sind Dutzende von Videokassetten, die am 13 Dezember 1995 bei Marc Dutroux beschlagnahmt worden sind, die von der Gendarmerie in Brüssel zwischen dem 18. und 30. Januar 1996 überprüft worden sind, und über die einer der Beamten vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss behauptet hat, sie haetten Bilder des Autohandels und pornografisches Material enthalten, dem Rechtsanwalt von Marc Dutroux zurückgegeben worden, auf Beschluss des Ermittlungsrichters Lorent aus Charleroi? Der selbe Richter Lorent hat auch das bei Dutroux beschlagnahmte Spekulum dem Rechtsanwalt von Michèle Martin zurückgegeben; das selbe Spekulum das, auf Ratschlag des Ermittlungsleiters von Grâce-Hollogne, Lesage, willkürlich nicht in die Liste der Gegenstände aufgenommen worden ist, die der Beamte Michaux während einer Hausdurchsuchung beschlagnahmt hatte …
Warum sind die fuenf Kassetten, die die ErmittlungsBeamten einbehalten haben, und die gleich nach dem Fund der Leichen von Julie und Melissa nach Neufchâteau überwiesen worden waren, beim Gericht erst am 2. Januar 1999 eingetragen worden, zwei und einhalb Jahre später, und warum sind sie vor diesem Datum nie überprüft worden? Warum sind auf den Kopien, die bei der Polizeibehörde in Brüssel angefertigt worden sind, die Szenen entfernt worden, in denen Dutroux zu sehen ist, wie er in seinem Keller die Zelle einrichtet, und wie er ein junges Mädchen vergewaltigt? Wie lässt sich erklären, dass eine Videokassette (in Super 8 Format), die einem Beamten von Charleroi von der Ehefrau von Dutroux ausghändigt worden war, und die dieser bei der Poliziebehörde abgeliefert hatte, verschwunden ist? Das Oberste Aufsichtsorgan der Polizei sieht nur eine Erklärung: "Schlamperei"!

Warum will die Abgeordnete Anne-Marie Lanzin, die im September 1996 erklärt hatte, dass auf einem anderen Satz Kassetten, der vom Richter Connerotte im August 1996 beschlagnahmt worden war, verschiedene Vergewaltiger gut zu erkennen seien, jetzt ihre Aussagen zurückziehen?

Warum hat die Staatsanwaltschaft von Brüssel angeordnet, dass ein Satz von pedophilen Kassetten, die im Rahmen der Raemaecker-Affäre beschlagnahmt worden waren, vernichtet werden musste, zwei Tage vor der Verhaftung von Marc Dutroux?

Warum bemühen sich das juristische, politische, akademische Establishment, sowie die Medien, in Komplizität mit einer die Wahrheit erstickenden Justiz so sehr darum, die "X-Zeugen" als verrückt erscheinen zu lassen und die Existenz eines Pedophilie-Reseaus in Belgien zu leugnen, obwohl andere Affären, bei denen es zu einem Urteil gekommen ist, die Existenz dieser Reseaus bestätigen?
Regina Louf (X1) hat nichts von einer Verrückten. Sie gibt Dutzende vollkommen exakte Beschreibungen von Tatorten, an die sie gefahren worden ist. Sie erkennt ihre Schänder auf den Bildern wieder, die die Ermittler ihr zeigen. Sie erkennt auch andere Opfer wieder.
Warum schweigt die Presse über ein Buch, "Les Dosseirs X, ce que la Belgique ne devait pas savoir", das die Beweise für die Existenz dieser Reseauxs, ihrer Teilnehmer und ihrer Schirmherren bringt?

Warum werden die 300.000 Personen, deren bürgerlicher Protest während der "Marche blanche" von den Medien so gelobt worden war, jetzt in der Presse 'Meute' genannt, die einer gefährlichen Emotivität zum Opfer gefallen ist?

Welches sind die nationalen und internationalen Verzweigungen des Kinderhandels, an dem Dutroux und seine Genossen teilgenommen haben, und aus welchem Grund ist es verboten, zu ermitteln? Welche Entdeckungen fürchtet die Justiz?

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss über das Verschwinden von Kindern, den Marc Verwilghen geleitet hat, hat einen ersten Teil der Antworten auf diese quälenden Fragen gegeben. In seinem zweiten Bericht über die "Protektionen" hat er die Infiltrationen der organisierten Kriminalität in den belgischen Institutionen und die Verbindungen mit dem politischen und wirtschaftlichen Milieu hervorgehoben.

Es ist bezeichnend, dass der parlamentarische Untersuchungsausschuss dazu gezwungen worden ist, seine Arbeiten unter dem Druck der Regierung und der politischen Parteien, die nach der "Marche blanche" sehr schnell ihre Einstellung geändert hatten, im Februar 1998 abzuschliessen. Der Untersuchungsausschuss ist darin gehindert worden, seine Ermittlungen über die organisierte Kriminalität in Liege und über die verdächtigen Beziehungen zwischen dem Adjudanten Lesage, der den verdächtigen Dutroux nicht verhaftet hatte, und der Prostitutionsszene und dem Menschenhandel weiterzuführen. Den ehemaligen Mitgliedern des parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist sogar der Zugang zu ihren eigenen Archiven verwehrt worden durch eine Abstimmung ihrer Kollegen im Parlament im Juli 1998!!!

Es ist bezeichnend, dass die in der Verfassung festgesetzte Unantastbarkeit des Privatlebens des Königshauses seit Jahren die Ermittlungen über die "Ballets roses" hemmt. Einige Aussagen der "X-Zeugen" beziehen sich auf das Königshaus und auf die perversen Manöver von Nihoul.
Ist dies eine zweite Erklärung für die frenetische Eindämmungsaktion der Justiz, die im übrigen die Beziehungen zu der ersten nicht ausschliesst?

Wie kann man hinnehmen, dass es keine Sanktionen gegen Polizisten oder Richter gegeben hat, die Fehler begangen haben, die zum Tode von vier Kinder geführt haben? Das gerade hat aber die allmächtige Staatsanwaltschaft entschieden, hinter denen sich die Politiker verstecken!
Einige Ermittlungsbeamte, die eine Schlüsselrolle in der Erstickung der Affäre gehabt haben, wurden im Gegenteil befördert! Zum Beispiel:
Dem Chef des 'Bureau Central de Recherches' der Gendarmerie, der keiner Staatsanwaltschaft den Namen von Dutroux bekanntgegeben hat, wurde vor kurzem der Polizeipreis "Politeia" verliehen. Er ist jetzt Chef des "Comité P.", der Polizei der Polizei!
Der Inspektor der Ermittlungsbehoerde von Charleroi, G. Zicot, der in Zusammenhang mit dem Autohandel angeklagt und von dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss als einer der wichtigsten "Schirmherren" von Dutroux bezeichnet worden war, ist wieder im Dienst in Brüssel.
Der Ermittlungsleiter Lasage, der die Dutroux-Spur verwischt hatte, ist … einen halben Tag lang vom Dienst suspendiert worden "dafür , dass er sein Dienstheft verloren hatte" (ein Diestheft, in dem sich gerade die wichtigen Informationen für die Ermittlungen finden sollten).
Der 'Maréchal de Logis-Chef' Michaux, der es versaeumt hatte, einen Bericht zu verfassen und so seinen Vorgesetzten und der Staatsanwaltschaft besonders wichtige Informationen vorenthalten hatte, der übrigens auch falsche Berichte von Durchsuchungen verfasst hat, ist jetzt in der Finanzabteilung der 'Brigade Spéciale de Recherches' der Gendarmerie von Brüssel wiederaufgenommen worden, wo er an einem Dossier über die russische Mafia arbeitet …

Warum ist Patrick Derochette, der wegen der Entführung von Loubna Ben Aïssa 1992 angeklagt und 6 Jahre nach der Tat, dank des Einsatzes der Richter aus Neufchâteau, festgenommen worden war, ohne Prozess im März 1999 interniert worden, auf Beschluss der Staatsanwaltschaft von Brüssel?
Die juristische Wahrheit ist die, dass Derochette allein und im Wahnsinn gehandelt hat, und dass er Loubna am Tag ihrer Entführung umgebracht hat. Und das, obwohl nur dank der Aussagen eines Freundes von Loubna, der sie einige Tage nach ihrer Entfuehrung mit zwei Fremden in einem Auto erkannt und sich das Nummernschild gemerkt hatte, der Richter Gérard aus Neufchâteau Derochette identifizieren konnte.
Alle Spuren, die zu seinem Bekanntenkreis führten: seiner Familie, Nihoul, Lelièvre, Dutroux und anderen der Justiz bekannten Pedophilen, sind dadurch verwischt worden.
Nun besuchten aber die Familienangehörigen von Derochette die selben Bars wie Nihoul und Dutroux, die ihrerseits bei der Tankstelle der Derochette tankten. Der Bruder von P. Derochette hat ihm ein Alibi geliefert, das sich als falsch erwiesen hat.
Regina Louf hat den Vater von Derochette als einen ihrer Vergewaltiger erkannt.
Weggefegt sind die Indizien der Protektion durch die lokale Polizei, die absichtlich Aussagen von wichtigen Zeugen vernachlässigt hat (eine Einstellung, die durch eine gewisse "Non-Chalance und eine gewisse Sympathie für diese zwei, in ihrem Alkoholdelirium verlorenen Dummkoepfe" (Le Soir 24/1/98) zu erklären ist. Ein "niedlicher Dummkopf", der 1986 nur 50 Tage hinter Gittern verbrachte, obwohl er drei Jugendliche vergewaltigt, gefoltert und entführt hatte.)
Zu bemerken ist noch, dass die Staatsanwaltschaft von Brüssel es für unnötig erachtet hatte, ein Ermittlungverfahren wegen der verschwundenen Loubna einzuleiten.

Wie kann man sich die Anhäufung der verdächtigen Todesfälle in der Dutroux-Affäre erklären?
- Der "Selbstmord" des Staatsanwalts aus Liege, Hubert Massa, der verantwortlich war für das Dossier der Ermordung von André Cools und fuer die Dossiers von Julie und Melissa, und der gleich am Tag nach seinem Tod beerdigt worden ist …
- Der "Selbstmord" des Kommissars Antipine, der Mitglied der Arbeitsgruppe "Nihoul" war …
- Der "Selbstmord" des Polizisten von Grâce-Hollogne, kurz nach dem Verschwinden von Julie und Melissa …
- Der Mord des Barinhabers Piro, der Entüllungen über das Dossier Julie und Melissa angekuendigt hatte …
- Der "Selbstmord" des Alteisenhändlers Tagliaferro, eines Bekannten von Dutroux, der sich später als Blausäurevergiftung entpuppen sollte …
-Der "Selbstmord" seiner Ehefrau, Fabienne Jaupart, die behauptet hatte, dass ihr Mann ermordet worden war …
- Der Mord an J. P. Taminiaux, Portier in einer Bar in Charleroi, der im Autohandel mitwirkte …
- Der "Autounfall" von Houdemont, als er auf dem Weg war zum Richter Coméliau, um ihm über die Entführung von Elisabeth Brichet Enthüllungen zu machen …
- Der "Autounfall" von Gina Beernaer, Mitarbeiterin des Gemeinnützigen Vereins Morkhoven, einige Tage, nachdem sie bekannt gemacht hatte, dass sie George Gladz, demVorsitzenden des CIDE in Lausanne, snuff-movies hatte zukommen lassen (die nie wieder gefunden worden sind) …
- Der "Selbstmord" der Zahnärztin von Nihoul …

Die Liste ist nicht vollstaendig.

Kein Datum ist bisher für den Farce-Proze von Dutroux bekannt (den letzten Nachrichten zufolge erst nach 2002 …), dessen Rechtsanwälte heute, gegen jegliche Raison, behaupten, dass er geistig geschwaecht sei …

Der ehemalige Vorsitzende des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, Marc Verwilghen, der bei den Wahlen im Juni 1999 mit breiter Mehrheit gewählt worden war, ist heute Justizminister in einer Regierungskoalition, von der zum ersten Mal seit dem Kriege die Christlich-Soziale Partei ausgeschlossen ist.
Vor kurzem hat man mit mehreren Monaten Verspätung erfahren, dass er die Generalstaatsanwaltschaft dazu aufgefordert hat, die "Dossiers X" wieder aufzunehmen und einen unabhängigen Experten zu ernennen.
Tagtäglich von seinen Koalitionspartnern angegriffen, insbesondere von Seiten der Sozialistischen Partei unter der Führung von Elio Di Rupo, aber auch von den Oberhäuptern der Justiz, die es ihm nicht verzeihen, dass sie seinerzeit vom Untersuchungsausschuss gezwungen wurden, sich vor den Abgeordneten und vor den Fernsehkameras rechtfertigen zu müssen, bleibt er dennoch seiner Linie treu.
Er kann weiter mit dem Vertrauen der Eltern der Opfer und der "Mouvement blancs" rechnen. Für die Grüne Partei, die an die Macht gekommen ist, hat das Thema der ermordeten Kinder keine Priorität mehr.

Belgien steht unter einem grossen Druck, und die Kinder verschwinden weiter.

Die pedophilen Reseaus, die entdeckt worden sind, die Aussagen von Kindern, die unter satanischen Ritualen misshandelt worden sind und die der französische Sender FR3 übertragen hat, und die Veröffentlichung, durch einige französische Zeitungen, eine CD-ROM, die tausende von Bildern von Kindern enthielt, haben den Skandal in Frankreich ans Licht gebracht.
Die Schweizer Presse hat das selbe getan, und die Genfer Polizei hat den Eltern den Zugang zu den Datenbanken über misshandelte Kinder gestattet, von denen dann mehrere wiedererkannt worden sind.

Die belgische Justiz verfügte schon seit mehreren Monaten über derartiges Material. Sie hatte sich entschieden, nichts zu unternehmen. Der Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins Morkhoven hat sich die Bilder besorgt und es droht ihm jetzt eine Anklage wegen Besitzes pedophilen Materials …

Die einzige Hoffnung, die Wahrheit in Belgien ans Licht zu bringen, besteht in einer Initiative auf internationaler Ebene.

(*) Journalistin, Mitglied der "Comité blancs)


Michel Bourlet: Staatsanwalt;
Jean-Marc Connerotte: Ermittlungsrichter zur Zeit, als Dutroux festgenommen wird und von seinem Posten enthoben, weil er an einem Essen mit den Eltern der Opfer teilgenommen hat;
Jacques Langlois: Ermittlungsrichter, Nachfolger von Connerotte;
'Au nom de la loi': Sendung auf RTBF, dem staatlichen, französischsprachigen Fernsehsender;
Annie Bouty: ehemalige Lebensgefährtin von Michel Nihoul;
XTC: Extasy;
Dolo: Sex-Club, der von vielen der Verdächtigen besucht wurde.